„Les larmes du passé fécondent l’avenir“. Die Worte des französischen Dichters Alfred de Musset ermahnen uns, uns selbst beschwerliche Erfahrungen für bevorstehende Herausforderungen zu Nutze zu machen. Oder anders ausgedrückt: aus der Vergangenheit lernen um die Zukunft besser vorzubereiten. Das gilt für den einzelnen Menschen genauso, wie für ein ganzes Land.
Jenes, das wir unser Eigen nennen, durchlebt augenblicklich unruhige Zeiten. Heraufbeschworen durch eine politisch motivierte Vergangenheitsbewältigung auf die nun im Herbst eine nach vorne schauende Debatte folgen soll. Der sich anbahnende „Wettbewerb der edlen Ideen“ soll von Zukunftsthemen beherrscht werden. Zukunft ist eben gut für Alle!
Gleichwohl werden rhetorisch geschickt verpackte Absichtserklärungen nicht genügen. Konkrete Vorschläge müssen her, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Einführung eines „Zukunftsfonds“ in Form eines Staatsfonds (fonds souverain) wird diesem Anspruch gerecht.
Was ist ein „Zukunftsfonds“?
Eine präzise Definition gibt es nicht. Gleichzeitig kann grundsätzlich festgehalten werden, dass ein „Zukunftsfonds“ (fonds souverain) ein sich in öffentlicher Hand befindendes Instrument ist, mit dem ein Teil der Einahmen eines Staates über einen längeren Zeitraum hinweg investiert und somit für die Folgezeit abgesichert werden.
Beispiele
Ein bekanntes Beispiel für einen „Zukunftsfonds“ gibt es in Norwegen: das nordeuropäische Land lagert seit 20 Jahren die staatlichen Einkünfte aus der Ölförderung in einen Fonds um für die Zeit vorzusorgen, in der die Ölreserven aufgebraucht sein werden. Dank dieser Weitsicht beläuft sich das vom norwegischen Staatsfonds verwaltete Vermögen nunmehr auf über 500 Milliarden Euro.
Auch in Luxemburg gibt es mit den fonds spéciaux de l’Etat und dem Luxembourg Future fund staatliche Fonds. Beide sind jedoch gedacht um kurz- bis mittelfristige Investitionen in bestimmten Bereichen zu tätigen. Ein „fonds souverain“ hingegen legt für ein ganzes Land, substantielle Reserven für die kommenden Jahrzehnte an.
Nur der staatliche fonds de compensation der die Überschüsse der Rentenbeiträge verwaltet entspricht bis dato den Kriterien eines Staatsfonds und könnte entweder Teil eines globalen Zukunftsfonds werden oder in einen eigenständigen umgestaltet werden.
Voraussetzungen
Luxemburg würde sich für die Einführung eines Staatsfonds bestens eignen. Unser Land verfügt über eine kleine, offene Volkswirtschaft deren Mehrwert vorwiegend durch internationale Dienstleistungen und Exporte geschaffen wird. Die sich daraus ergebenden staatlichen Einnahmen (taxe d’abonnement, Tabak-, Mineralöl- und Alkoholsteur, E-commerce) sind Segen und Fluch zugleich. Sie ermöglichen wohl eine großzügige finanz- und sozialpolitische Umverteilung. Gleichzeitig hängen dieselben Einkünfte zu sehr von der weltweiten Konjunktur ab und erschweren damit eine nachhaltig ausgerichtete Haushaltsführung.
Die Finanzierung gegenwärtiger und künftiger Ansprüche wie zum Beispiel den Renten, ist überdies angesichts des defizitären Zustandes der öffentlichen Finanzen, einer stetig steigenden Staatsverschuldung und einer stagnierenden Wirtschaftslage alles andere als gewährleistet.
Am Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes muss demzufolge festgehalten werden. Doch greift dieses zu kurz. Es kann sich hier nur um eine erste Etappe handeln, wenn freilich auch um eine erforderliche Voraussetzung. In einer zweiten Phase müssen die Staatsfinanzen alsdann stabilisiert und refinanziert werden. Mit Hilfe eines Zukunftsfonds.
Vorteile
Ein Zukunftsfonds würde:
- schwankende Einnahmen aus dem Staatshaushalt nehmen und im Fonds „parken“. Die gewöhnlichen Ausgaben würden dadurch standfester (Sozialtransfers) weil sie den wirtschaftlichen Launen nicht mehr ausgesetzt wären;
- die angelegten Einnahmen nicht einfach zur Seite setzen sondern gezielt und breitgefächert investieren um Renditen abzuwerfen. Renditen, die höher ausfallen würden da alle staatlichen Anteile gebündelt wären und ein hohe Kapitalanlage darstellen würden;
- die angehäuften Reserven im Falle eines wirtschaftlichen Tiefs gezielt anti-zyklisch einsetzen. Verbessert sich die Gesamtlage erneut, dann würden die Reserven wieder gespeist werden;
- die Finanzierung des auf dem Umlageverfahren sowie der generationenübergreifenden Solidarität basierenden Rentensystems sichern;
- unsere Wirtschaft insgesamt krisenfester machen und die Attraktivität des luxemburgischen Standortes gegenüber seiner Konkurrenten deutlich verbessern.
Finanzierung
Alle Anteile die der Staat in Unternehmen hält könnten im Zukunftsfonds integriert werden. Daneben müsste der Fonds durch schwankende Einnahmen (wie die taxe d’abonnement, die Steuern die Verbrauchssteuern, die Einkünfte aus dem elektronischem Handel, einen Teil der Steuer auf Kapitaleinkünfte usw.) finanziert werden. In welchem Ausmaß diese Einkünfte zunächst in den Fonds fließen werden, bliebe noch zu bestimmen. Dennoch müssen parallel dazu die öffentlichen Ausgaben gedrosselt und die Staatsfinanzen konsolidiert werden. Ansonsten ein Staatsfonds keinen Sinn macht, da er nicht zu einem Selbstbedienungsladen verkommen darf.
Umsetzung
Als legale Basis für die Einführung eines Zukunftsfonds kann das Gesetz vom 6. Mai 2004 über den fonds de compensation dienen. Indessen sollte unbedingt Norwegen zum Vorbild genommen werden. Formell gesehen trägt dort der Finanzminister die Verantwortung, doch die Operationen werden von der Zentralbank getätigt und das Parlament verfügt über ein Kontrollrecht. Um das Risiko moderat zu halten, werden die Mittel des Fonds ausschließlich in Aktien, Obligationen und anderen Wertpapieren in stabilen Märkten und überschaubaren Unternehmen angelegt. Ferner unterliegen die Investitionen grundlegenden ethischen, sozialen und ökologischen Regeln (z.B. keine Beteiligungen an Rüstungsunternehmen).
Es ist nie zu spät
Hätte Luxemburg bereits 1996 einen Zukunftsfonds eingeführt, dann hätte dieser einer Schätzung der Handelskammer nach im Jahre 2010 rund 40% des Bruttoinlandproduktes und 2024 gar 100% davon beinhaltet (rund 60 Milliarden Euro).
Da man im Nachhinein immer klüger ist, sollten die nächsten Jahre dazu genutzt werden um eine verpasste Gelegenheit nachzuholen. Erstens ist es dafür nie zu spät und zweitens wird die Umsetzung einige Zeit in Anspruch nehmen.
Zeit, die genutzt werden muss, um unser Land optimal für künftige Aufgaben und Rückschläge zu rüsten. Und nicht nur um zurückzublicken. Wenn schon, dann zurück in die Zukunft!
Serge Wilmes, Abgeordneter
Quelle: Luxemburger Wort, Ausgabe vom 31. Juli 2013, S. 4
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